18. September: Ein Stück deutsche Geschichte in Namibia (1/6)
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Wir schlafen unter einem Himmel mit weitaus mehr Sternen, als wir in Europa zu sehen bekommen. Ohne den Kühlschrank, der dauernd anspringt, wäre es absolut still gewesen. Heute ist Sonntag, und wir sind schon seit einer Woche unterwegs, uns erscheint die Zeit viel kürzer. Wir müssen früh aufbrechen, weil die Führungen in der verlassenen Diamantensucherstadt Kolmannskuppe am „Tag des Herrn“ schon um 10.00 Uhr beginnen. Kolmannskuppe, heute Kolmanskop, wurde von Deutschen einzig für die Diamantensucher und ihre Familien gegründet. Alte Fotos zeugen von harter Arbeit, die jedoch sehr einträglich war, und einem lebendigen Gemeinschaftsleben. Auf der Fahrt sehen wir Strauße und sogar zwei Oryxe. Einige Kilometer vor Lüderitzbucht fahren wir in eine Nebelwand, die sich bis zu unserem Ziel nicht auflöst. In Kolmannskuppe warten wir auf die Führung, als eine 48köpfige deutsche Reisegruppe eintrifft. Ein Teilnehmer beäugt unseren Camper und fragt Herbert, wieso er an seinem Auto ein namibisches Nummernschild habe, wo er doch Deutscher sei. (!!!) Die Führerin, ungefähr in Traudels Alter, beschreibt uns in bestem Hochdeutsch die Geschichte der Deutschen in Namibia aus ihrer eingeengten Sicht. Die Zuhörer sind höflich und widersprechen nicht. Traudel fragt die Frau, ob sie in ihrer Schulzeit einen Lehrer namens Bartholdy gekannt hätte, der in den ersten beiden Klassen ihr Lehrer gewesen, und zu Beginn der 50er Jahre im letzten Jahrhundert nach Lüderitzbucht gegangen sei. Ja, ihr Bruder habe bei ihm Unterricht gehabt, antwortet sie. Der Gang durch die noch intakten Häuser der alten Siedlung ist auch für uns eine Reise in die Vergangenheit. Eisblockschrank, Vertigo, Schlafzimmereinrichtung erinnern uns an die Einrichtungen unserer Großeltern. Das Gebiet von der Grenze zu Südafrika bis Lüderitz ist gut gesichertes Diamantensperrgebiet, das auch heute noch für viele Menschen Arbeitsplätze sichert. Es ist unmöglich, kleinste Diamanten hinaus zu schmuggeln, denn die Arbeiter werden jeden Arbeitstag beim Verlassen des Gebiets geröntgt.